Wusstest Du, dass es seit April einen Orientierungspreis zur angemessenen Vergütung von Demeter-Milch geben soll? Noch ist die Höhe unklar.

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Wer entscheidet, was Milch kosten darf und soll?

Demeter-Orientierungspreis

Demeter-Bauern arbeiten bei der Haltung ihrer Kühe nach sehr strengen Richtlinien. Sie erzeugen einen Großteil des Futters auf dem eigenen Hof und die Kühe werden wesensgerecht gehalten, zum Beispiel nicht enthornt.

Die Jahres-Milchleistung einer Demeter-Kuh beträgt 5.000 bis 6.000 Liter, im Gegensatz zu bis zu 10.000 Liter/Jahr bei der konventionellen Milchkuhhaltung. Klasse statt Masse: Demeter-Kühe bekommen kaum Kraftfutter, dafür kommen sie auf die Weide, werden zwischen Stall und Weide hin- und hergetrieben oder ein mobiler Melkstand kommt zum Einsatz. Ein wesentlich höherer Aufwand für weniger Ertrag.

Aber: Diese extensive Weidehaltung schenkt der Kuh ein längeres Leben, ist besser für Klima und Bodenleben, für die Vermehrung von Insekten und einen starken Humusaufbau. Der eigene Futteranbau sorgt darüber hinaus für weniger CO2- Ausstoß. 

Und: Demeter-Rohmilch wird nicht wie die übliche Bio- oder konventionelle Milch homogenisiert. Beim Homogenisieren wird die Milch mit 250 bis 300 bar (zum Vergleich: ein Autoreifen hat 2 bis 3 bar) durch ein sehr feines Sieb geschossen; ein struktureller Eingriff, bei dem die Fettteilchen der Milch fein verteilt werden und der deshalb für Demeter unzulässig ist. Vielleicht schneidet Demeter-Milch darum selbst bei Blindverkostungen geschmacklich besonders gut ab. In jedem Fall steht homogenisierte Milch in Verdacht ein höheres Allergiepotenzial aufweisen und stärkere allergische Reaktionen hervorzurufen. Demeter-Milch wird als Frischprodukt weder ultra-hocherhitzt noch in irgendeiner Form dauerhaft haltbar gemacht. Sie wird höchstens pasteurisiert, um ihren ursprünglichen Geschmack und die wertvollen Inhaltsstoffe optimal zu erhalten.

Ein hoher Aufwand für Tier, Umwelt und Verbrauchergesundheit, der preislich Wert geschätzt werden müsste, was jedoch selten der Fall ist. Denn die Milch kommt nicht direkt vom Bauern zum Verbraucher. Dazwischen stehen die Molkereien, die die Milch für den Handel verarbeiten.

Wer entscheidet nun, was Milch kosten darf und soll?

In unserer Vorstellung kann jeder Unternehmer, also auch ein Bauer, den Preis für sein Erzeugnis frei bestimmen. In der Praxis sieht die „Preisfindung“ jedoch anders aus: Der Handel und in der Folge die Molkereien geben den Preis vor, den sie gewillt sind zu zahlen bzw. was ihrer Meinung nach der Endkunde bereit ist, zu bezahlen. Der Preis für Milch gilt als sogenannter Eckpreis, über den der Handel in der Kundenwahrnehmung seine Preisattraktivität demonstrieren muss. Bei den „Eckpreis-Produkten“ verhandelt der Handel dementsprechend hart. Im Wesentlichen bestimmt also der Handel und nicht die Molkerei oder der Bauer den Preis. Wenn ein Demeter-Bauer seinen erhöhten Aufwand preislich kalkuliert, nimmt die Molkerei seine Milch schlichtweg nicht mehr ab.

Diese Ausgangssituation hat sich im letzten Jahrzehnt beträchtlich verschärft. Denn trotz der massiv gesunkenen Anzahl an Milchviehbauern nach Abschaffung der „Milchkontingente" im Jahr 2015 ist die Milchproduktion gegenüber dem Absatz erheblich gestiegen. Der Überschuss betrifft auch Bio- und Demeter-Milch, die bei Sättigung des Bio-Segments, dann zum Preis konventioneller Milch vermarktet wird. 

Was bringt die „EU-Nachhaltigkeitsvereinbarung“?!

Seit 2022 erlaubt das Kartellamt der europäischen Union nun im Rahmen der „Nachhaltigkeitsvereinbarung“ nach Artikel 210a GMO, dass sich Bauern zusammenschließen dürfen, um einen sogenannten Orientierungspreis für die Abgabe von Milch an Molkereien abzusprechen. Die Voraussetzung hierfür: Sie müssen den Nachweis erbringen, dass der Aufwand für eine nachhaltige Erzeugung ihrer Milch höher ist. Damit sind Demeter-Bauern nun endlich auch in der Lage, gemeinsam einen angemessenen Preis für ihre Milch fest- und durchzusetzen. Dieser aufwandsgerechte, faire Orientierungspreis muss jedoch erst beim europäischen Kartellamt vorgelegt und nachgewiesen werden.

Sofort regt sich Widerstand:

Molkereien und Handel sind sich bereits im Vorfeld der Festlegung eines Demeter-Orientierungspreises einig, dass der Verbraucher nicht bereit sein wird, einen höheren Preis für Demeter-Milch zu bezahlen. Sie unken, dass sich diese Milch dann nicht mehr verkauft lässt und notgedrungen zu noch geringeren Preisen als konventionelle Milch vertrieben werden muss.

Doch was wäre dann die Konsequenz:

Wenn die Milcherzeugung für Demeter-Bauern nicht mehr aufwandsgerecht und kostendeckend ist, bleibt ihnen nichts Anderes übrig, als die Milchviehhaltung einzustellen. Ein umfassender Verlust für den Nährstoff-Hofkreislauf, für Umwelt und Bodenleben und nicht zuletzt auch für die Verbraucher.